Samstag, 08.11.2025 11:07 Uhr

Joachim Gauck auf dem Deutschen Stiftungstag 2025

Verantwortlicher Autor: Kurt Lehberger Wiesbaden, 09.07.2025, 17:39 Uhr
Fachartikel: +++ Special interest +++ Bericht 5480x gelesen
Vortragsankündigung - Deutscher Stiftungstag 2025
Vortragsankündigung - Deutscher Stiftungstag 2025   Bild: Kurt Lehberger

Wiesbaden [ENA] Joachim Gauck, Bundespräsident a.D., hielt die Eröffnungsrede und Keynote des deutschen Stiftungstags, der vom 21.5. bis 22.5.2025 in Wiesbaden stattfand. Er spricht als ehemaliger Bundespräsident, als Vorstand der in 2003 gegründeten Margot Friedländer Stiftung und als Bürger unseres Landes.

Das diesjährige Motto des Deutschen Stiftungstags ist Mut. „Mut steht Dir gut“ oder „Alles wird Mut“ wurde auf die Bühnenleinwand projiziert. Die Stiftungen brauchen Mut, um ihre Aufgaben als Teil der Zivilgesellschaft zu gestalten. Der Deutsche Stiftungstag 2025 bringt die Vertreter*innen der Stiftungen zusammen, um die zivilen gesellschaftlichen Kräfte zu bündeln und die Lösungsansätze für die Gesellschaft von morgen gemeinsam zu diskutieren und sichtbarer zu machen. Der Titel der Keynote von Joachim Gauck lautet „Mutig machen.“ Hier sind einige Auszüge aus seiner Rede:

„… es gibt viele Gründe die Tugend des Mutes zu verstärken und dies neu einzuüben, denn dieses Land steht immer noch unter dem langen Schatten historischen Übermutes und deshalb war der Untermut der alten Bundesrepublik auch eine Tugend. Wenn man das prolongiert, kann es aber zur Neurose werden.“ Gauck folgt dem Motto des Stiftungstags – „Mut steht uns gut!“. Wir brauchen Mut in dieser Zeit. Das Miteinander von Menschen braucht die Freiheit. „Freiheit ohne Mut ist nicht denkbar. Beim Stärken des Miteinanders geht es um den inneren Zustand der liberalen Demokratie. Es geht um unsere Fähigkeit in einer Zeit der Umbrüche, der Krisen und globalen Spannungen, das Gespräch zu suchen, den Zusammenhalt zu wahren und das Gemeinsame zu stärken.“

Gauck spricht in Anbetracht der Angriffe auf die Demokratie von Putin und Trump von einem Epochenbruch. „Der Epochenbruch hat dramatische Auswirkungen. Wir erleben systematische Angriffe auf das Fundament demokratischer Ordnung, auf Gewaltenteilung, freie Medien, auf eine unabhängige Justiz, auf faire Verfahren und auf den Schutz von Minderheiten.“ Gauck erkennt die Ideologie, die diese Epochenbruch untermauert. „Die Angriffe kommen in Gestalt des neo-imperialen und revisionistischen Denkens Putins oder in moderner Gestalt im Falle von Trump im Rahmen vermeintlicher Effizienz oder dem Banner nationaler Größe, flankiert von einem technokratischen Denken, das Demokratie nicht mehr als mühsam, sondern als überholt erscheinen lässt.“

Im Ergebnis sehen wir: „Gelder werden gestrichen oder Diversität in Programmen verboten oder internationale Förderung werden eingestellt.“ „Der russische Aggressor sieht die Europäische Union als Bedrohung an, geht am liebsten mit illiberalen Regierungen um oder setzt auf Zersetzung statt Zusammenarbeit mit Europa. Er will gar kein souveränes, handlungsfähiges Europa.“ Gauck sieht einen gefährlichen Angriff auf unsere Demokratie in Deutschland: „Nicht zuletzt ist die Parteinahme für rechtsextreme Kräfte aus diesem Bereich des un-amerikanischen Amerika. Dagegen müssen wir was tun!“ Gauck nennt uns einige Lösungen, wie wir darauf reagieren sollten.

„In Stiftungen kommen Menschen zusammen, die im positiven Sinne gestalten. Sie sind nicht nur unterstützende Demokratie-Verteidiger, sondern die besondere Bedeutung der Stiftungen besteht darin, dass sie in ihrem Tun Räume der Begegnungen schaffen. Sie sind Hüterin von Räume der Möglichkeiten. Sie bieten Orte des langfristigen Denkens in einer kurzfristigen Aufgeregtheit. Sie sind Ausdruck von Gemeinsinn. Eine Haltung die heute mehr gebraucht wird als jemals zuvor.“ Gauck schildert uns aus seinen Erlebnissen in der Demokratiebewegung in der DDR.

„Ich spreche auch als jemand, der aus eigener Erfahrung weiß, wie fragil Freiheit ist und wie wenig selbstverständlich und was es bedeutet, wenn Menschen sich gemeinsam für zuständig erklären und Verantwortung übernehmen. … In der Zeit der Opposition und in den Friedensgebeten von 1989, in der Demokratiebewegung waren es ganz gewöhnliche Menschen, die in den außergewöhnlichen Momenten den Mut fanden, für ihre Rechte, für Demokratie und Freiheit aufzustehen.“ Gauck glaubt, dass die Stabilität der letzten Jahre endgültig vorbei sei. „Als Land müssen wir daher rasch lernen, mehr Verantwortung zu tragen für unsere Sicherheit und für die Sicherheit unserer Verbündeten, für die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie gegen ihre Feinde.“

Zugwendet an die deutschen Stiftungen erklärt er: „Wichtig ist, dass wir unser Tun definieren und selbst verstehen als Handeln im Sinne der Ermächtigung einzelner Individuen, die ohne eigenes Engagement viel ängstlicher in widrigen Zeiten stehen würden. Ohne Ermächtigung werden die Individuen immer nur Verfügungsmasse von angemaßter Herrschaft sein, nie aber eine Gesellschaft der Freien und Selbstbestimmten bilden können.“ Gauck wirft einen kritischen Blick auf die neuen Bundesländer und den dortigen Mangel an zivilrechtlichem Engagement und Stiftungsarbeit.

„Von über 25.000 rechtsfähigen Stiftungen in Deutschland haben nur rund 1.800 ihren Sitz in ostdeutschen Ländern. Das sind gerade mal 7,2\% obwohl ca. 20\% der Bevölkerung dort lebt.“ Der Deutsche Stiftungstag 2025 umfasste 2 Tage, 80 Veranstaltungen, 230 Speaker und 1.700 Teilnehmende. https://www.stiftungstag.org/

Für den Artikel ist der Verfasser verantwortlich, dem auch das Urheberrecht obliegt. Redaktionelle Inhalte von European-News-Agency können auf anderen Webseiten zitiert werden, wenn das Zitat maximal 5% des Gesamt-Textes ausmacht, als solches gekennzeichnet ist und die Quelle benannt (verlinkt) wird.
Zurück zur Übersicht
Photos und Events Photos und Events Photos und Events
Info.