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Dirty Tricks in Team-Meetings

Verantwortlicher Autor: Prof. Dr. Richard Streich Paderborn, 09.07.2020, 15:50 Uhr
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Team-Meeting
Team-Meeting  Bild: www.pixabay.com

Paderborn [ENA] Innerhalb von Team-Meetings spielt insbesondere der Kampf um Team-Entscheidungen und um die Teamführung – selbst bei einem formal benannten Teamleiter – eine prägende Rolle. Manche Teamleiter und Teammitglieder verwenden dabei nicht selten „Dirty Tricks“ zur Durchsetzung ihrer Interessen.

Im Folgenden werden zur Veranschaulichung einige solcher „schmutziger“ Verhaltensweisen vorgestellt, verbunden mit der Hoffnung, dass diese in Ihrem Berufsalltag nicht alltäglich sind bzw. Sie diese nicht in Ihr Handlungsspektrum aufnehmen (vgl. u.a. Streich, R.K: Fit for Leadership, 2. Aufl., 2016, S. 96f; von Rosenstiel, L.: Grundlagen der Organisations-psychologie, 5. Aufl., 2003, S. 344ff). – 1. Zeitdruck: Versuchen Sie den Entscheidungsprozess solange hinauszuzögern, bis aufgrund von Zeitdruck Ihre Position durchgesetzt werden kann. Hinterfragen Sie dabei im vorherigen Kommunikationsprozess anderslautende Positionen kritisch und setzen Sie die für Sie wichtigen Punkte ans Ende der Agenda, damit der Zeitdruck forciert wird.

2. Prestige- und Kompetenzzuschreibungen: Statusführenden Personen wird oftmals ungeprüft besondere Kompetenz zugeschrieben. Ihre Argumente werden in der Regel auch besonders hoch gewichtet. Unter dem Motto: „Markiere dein Revier“ sollten Sie somit die „Macht des ersten Wortes“ ergreifen – auch bei Agenda-Punkten, die nicht Ihre eigenen sind. Dies gilt auch bei statusgleichen Personen im Team. Wer zuerst redet, lenkt den Fokus auf seine Person und seine Argumente.

3. Einfluss des Vielredners: Personen, die viel reden, wird subjektiv viel Wissen zugesprochen, obwohl Kompetenz und Redehäufigkeit nicht zwangsläufig positiv miteinander korrelieren. Dieser Sachverhalt kann in Kombination mit der Macht des ersten Wortes dazu führen, dass Sie als „Meinungsmacher“ wahrgenommen werden, was förderlich sein kann für die Durchsetzung Ihrer Interessen.

4. Risikoschub: Teams wählen bei ihren Entscheidungen häufig ein höheres Risiko, als es jeweils die einzelne Person tun würde. Versuchen Sie, das Team zu einem höheren Risiko zu verleiten, sofern dies im eigenen Interesse ist. Das ist besonders dann erfolgreich, wenn dies mit einem Appell an die „herausragende“ Teamkompetenz verbunden ist. – 5. Einbezug der Hierarchie: Verwenden Sie zur Durchsetzung ihrer Interessen die „Meinung“ hierarchiehöherer Personen, indem Sie diese „zitieren“. Der Wahrheitsgehalt kann i.d.R. zu diesem Zeitpunkt nicht überprüft werden.

6. Klärung der Führungsrolle: Möchten Sie als Teamleiter in Erfahrung bringen, welche Ihrer Teammitglieder einen Führungsanspruch für sich beanspruchten, so empfiehlt sich das Stellen der „strategischen Verfahrensfrage“. Als Teamleiter müssen Sie Statuskämpfe erkennen, ohne die Zusammenarbeit und die Erreichung von Zielen zu gefährden. Verlagern Sie die Teamdiskussion auf ein für Sie unwichtiges Thema, in dem Sie die Gruppe mit einer Verfahrensfrage beschäftigen. Solche Fragestellungen können sich z.B. um die Organisation des nächsten Teammeetings oder die Art und Weise der Dokumentation der Teamergebnisse drehen.

Wichtig ist, dass es Ihnen als Teamführer egal ist, auf welche Lösung sich die Gruppe einigt. Beobachten Sie dabei, wer innerhalb des Teams mit welchem Engagement die Fragestellung bearbeitet und wie er bzw. sie Koalitionen bildet zur Meinungsdurchsetzung. Setzen Sie in Zukunft jene Person als „Sprachrohr“ Ihrer Meinung ein und versorgen Sie sie mit Vorabinformationen.

7. Verschiebebahnhof: Spielen Sie als Teamleiter auf Zeit, wenn Sie innerhalb des Teams Konflikte beobachten, die aktuell nicht zu lösen sind. Bilden Sie Untergruppen, wenn Sie eine destruktive Teamdynamik erkennen und betonen Sie die Zusammenarbeit in der Zukunft. Bilden Sie einen Ausschuss zur Behandlung kritischer Punkte. Versorgen Sie diesen mit unklaren Zielen und Aufgaben, damit bei der Präsentation der Ausschussergebnisse ein „Schrei nach Führung“ entsteht. Diese Lücke können Sie dann ausfüllen und stärken hiermit Ihre Führungsrolle im Team. Übrigens: Richard Harkness, ein amerikanischer Journalist, bemerkte zum Thema Ausschuss süffisant: Was ist ein Ausschuss? Eine Gruppe Unwilliger, gebildet aus Ungeeigneten, um Unnötiges zu tun!

8. Bedrohung von außen: Sehen Sie eine Gefahr für den Zusammenhalt Ihres Teams, da z.B. manifeste oder latente Konflikte zwischen einzelnen Teammitgliedern herrschen, so implementieren Sie eine Bedrohung von außen. Schwören Sie Ihr Team auf diesen gemeinsamen Feind ein. Hierdurch forcieren Sie ein verbessertes Teamklima, der innere Zusammenhalt steigt, der Fokus wird nach außen gelegt. – 9. Beratereinsatz: Setzen Sie zur Unterstützung Ihrer Meinungen gezielt externe Experten ein. Laden Sie diese zu den Teamsitzungen ein und versorgen Sie sie mit gezielten Vorabinformationen gemäß Ihren Interessen und Zielen.

10. Agenda: Gestalten Sie die Agenda so, dass die Tagesordnungspunkte mit den am geringsten zu erwartenden Konflikten zuerst bearbeitet werden. Hierdurch investieren Sie in den Zusammenhalt des Teams. Die kritischen Punkte platzieren Sie zum Ende der Agenda. Verweisen Sie bei deren Bearbeitung auf die schon erreichten Zwischenziele. Setzten Sie bei Widerstand den Faktor Zeitdruck (siehe Punkt 1) ein. Die vorgestellten Tretminen beziehen sich insbesondere auf die Leitung von Team-Meetings, also auf die Führung einer Gruppe, wobei die Kenntnis dieser „Dirty-Tricks“ auch für Sie als normales Teammitglied bedeutsam ist, denn erst dadurch sind Sie in der Lage, diese innerhalb des Teams offenzulegen und ihnen konstruktiv zu begegnen.

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